Mittwoch, 14. Januar 2009

Holger A. L. Faß über Herkules und die Hydra

Es gibt meines Erachtens keine plutonischere Geschichte als die von Herkules und seinem Kampf mit der Hydra. Astrophoenix - das Astrologie-Online-Journal hat im Mai 2007 einen Artikel von Holger A. L. Faß veröffentlicht, der sich genau mit diesem Thema beschäftigt. Hier nun ein paar Ausschnitte:

Der Kampf gegen die Hydra, den Herkules als eine der zwölf Aufgaben bestehen musste, scheint mir eine Bebilderung der Acht-Haus-Thematik zu sein, die den Fall als Lösungsweg anzeigt.

Herkules’ achte Aufgabe lautete, die neunköpfige Hydra zu töten. Diese hauste in den Sümpfen von Lerna, inmitten des Schlamms. Jeder mied diesen stinkenden Morast so gut er konnte. Man sagt, dass der von dem Sumpf ausgehende Gestank die Luft in mehreren Meilen Umgebung verpestete. Dort hauste die Bestie, die zu einer Plage für die Menschheit geworden war. Herkules erhielt einen guten Rat, bevor er sich nach Lerna aufmachte: “Wir erheben uns, indem wir niederknien. Wir siegen, wenn wir uns ergeben.
In den Sümpfen angekommen suchte der Held nach dem Ungeheuer. Doch Hydra hielt sich in einer Höhle versteckt. Um den Eingang der Höhle ein ekelerregendes Moor. Nach mehreren Tagen vergeblichen Wartens, Hydra möge herauskommen, entschloss sich Herkules zu einer List. Er schoss eine Fackel in die Höhle hinein. Sein Plan ging auf: wütend kam Hydra aus ihrem Versteck heraus. Sogleich ergriff Herkules sein Schwert und hieb ihr einen der neun Köpfe ab. Doch damit hatte er dem Ungeheuer keinen Schaden zugefügt. Im Gegenteil: Flugs wuchsen an gleicher Stelle zwei neue Köpfe nach. Und jedes Mal, wenn der Krieger ihr ein weiteres Haupt abschlug, entstanden sofort zwei neue Köpfe, aus denen sie Feuer spuckte. Je mehr Herkules auf das Tier einhieb, um so stärker wurde es. Hiebe, Stiche, Schläge und Gewalt machten es nur noch stärker.
Herkules war mit seinem Latein am Ende. Da fiel ihm der Ratschlag seines Mentors ein: Wir erheben uns, indem wir niederknien. So warf Herkules seine Waffen fort und kniete sich mit seinem ganzen Körper mitten in den übelriechenden Morast hinein. Über und über mit Schlamm bedeckt suchte er mit seinen Händen einen Kopf der Hydra zu fassen. Er war von oben bis unten besudelt. Schließlich ergriff er ein Haupt und zog es aus der Kloake heraus. Während er den Kopf in das Sonnenlicht hielt, bemerkte er, dass das Ungeheuer anfing zu schwächeln. Der Kopf verlor an Kraft und dörrte schließlich ein. Dabei wuchs kein neues Haupt nach. Nach und nach ergriff Herkules auch die anderen Köpfe und hob sie gegen das Licht. Hydra wurde immer schwächer. Als Herkules schlussendlich den letzten Kopf aus dem Sumpf hervorzog und in das helle Sonnenlicht hielt, starb Hydra ganz - der Kopf aber verwandelte sich in einen übergroßen Diamanten. Herkules hatte die Hydra besiegt.

Zugegeben: diese mythologische Schilderung ist nichts für zarte Gemüter. Doch was wird uns neben der Tötung auf symbolischer Ebene erzählt? Zunächst einmal stellt Hydra einen verborgenen, womöglich verdrängten Teil der Persönlichkeit dar. Das Ungeheuer gleicht der Leiche im Keller, die wir mit uns herumschleppen. Dummerweise haben diese Leichen die Angewohnheit, irgendwann auf sich aufmerksam zu machen: Sie stinken. Wenn wir uns dabei genau beobachten und ehrlich zu uns sind, dann sind wir es meist selbst, die die Leichen wecken. Haus-Acht-Themen sind Konfrontationen, die wir selbst provozieren. So wie Herkules den Feuerpfeil in die Höhle schoss, setzen wir unsere Umgebung in Brand, säen Aggressivität und wundern uns, wenn dann zurück geschlagen wird. So fordern wir unser eigenes Schicksal heraus - sehen aber unseren eigenen Anteil daran nicht, sondern nur die Wut der neun feuerspeienden Köpfe. Dieser aggressiven Übermacht kann der Held nichts entgegen setzen. Mit seiner ganzen Muskelkraft lässt sich nichts ausrichten. Selbst das Schwert (Symbol für den Verstand) ist machtlos. Mehr noch: je mehr Energie wir in die Zerstörung hineingeben, um so stärker wird der Widerstand. Es bleibt nur ein Weg: wir müssen uns die Hände schmutzig machen, uns “aufgeben”, in den Morast niederknien, fallen. Das Anerkennen der eigenen Ohnmacht führt schließlich zur Erlösung. Hydras Kopf lässt sich nun (verhältnismäßig) leicht greifen - und siehe da: Sobald er an das Licht gehalten wird, vergeht er von alleine. Die Bedrohung verliert im Sonnenschein an Kraft. Licht in die Dunkelheit zu bringen, also sich mit dem Bewusstsein (Licht) den verdrängten Inhalten, den Ängsten, den Widerlichkeiten, den Tabus zu stellen, bringt die erwünschte Veränderung. Aber nicht vom Sockel des Siegerpodestes herunter, sondern als armseliges, verdrecktes Würstchen, das mit dem Unrat eins geworden ist. Wer diesen Prozess durchläuft, wird mit dem Diamant belohnt.

Klingt prima, oder? Ist aber mal wieder leichter gesagt als getan, wie wir heutzutage besonders gut am Gaza-Konflikt erkennen können.
Drücken wir den Vermittlern die Daumen, dass sie sich trauen, die Kampfhähne auf ihrem Weg in den Sumpf zu begleiten.

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