Samstag, 10. Januar 2009

Heiner Müller

Auch wenn er von Astrologie wahrscheinlich nicht viel hielt - in dem nach der Wende erschienen Buch "Krieg ohne Schlacht" hat er's genau beschrieben:
"Ich war eine schwere Geburt. Sie hat lange gedauert, von früh bis 9 Uhr abends. 9. Januar 1929."

Na, mit dieser Aussage sind wir doch sehr zufrieden.

Heiner Müller, geboren in Eppendorf/Sachsen am 9.Januar 1929 um 21h00

Das ergibt einen Steinbock mit Jungfrau-Aszendent.
(Die Zeichnung zum Vergrößern kurz anklicken)

Ich habe seine letzten Jahre ziemlich persönlich mitbekommen - ich kenne kein Mädel meines Alters, das dazu noch Theaterwissenschaft studierte, welches nicht ein Stück weit verknallt war in diesen Titan des Gegenwartstheaters.

Seine Stücke waren ganz klar und dennoch unheimlich - eine Lösung zum Positivern gab es in den scheusslichen Lehrstücken eigentlich nie. Ein kalter Grusel fuhr durch unsere Mitzwanziger-Seelen. Zum ersten Mal beschäftige ich mich ernsthaft mit Stalin, Brecht, Stasi und allen Fussangeln, die sich meiner naiven Seele schon bald anboten.
Zu der Zeit hatte ich auch eine (sehr schwierige) Liebesbeziehung zu einem hübschen jungen Mann in Ost-Berlin. Er arbeitete am Theater und wir sahen viele aktuelle Inszenierungen (zwischen 1986 und '89).
Habe ich schon erwähnt, dass Pluto bei mir am AC steht und ein Quadrat mit Venus bildet? Na ja, das war sowas.
Mein Freund baute damals Marionetten und ein Projekt waren "Die Bauern" von Heiner Müller. Der Dichter selbst war zur Erstaufführung 1961 für dieses Werk in eine "Fehleranalysen"-Diskussion geraten und seine (negative) Karriere begann. Mars-Saturn kommt ja NIE direkt zum Ziel (trotzdem weiterhin viel Glück, Andrea Ypsilanti!)
Über die Probenarbeiten gab es viele lustige Geschichten zu erzählen - der Steinbock-Mond von H.M. gilt ja nicht umsonst als humoristisch sehr begabt. Kein Wort zuviel, aber was rauskommt haut alle um.
Heiner Müllers Schreibstil zeichnet sich insgesamt durch eine große Reduktion aus, da ist kein überflüssiges Gewitzel am Start. Es scheint, als sei er lebenslang durchs Feuer gegangen (Sonne Opp. Pluto, Mars rückläufig Opp. Saturn) und habe sich keine "persönliche" Meinung mehr erlaubt.
Eine Anekdote, die er gerne erzählte (und die mir damals als gequälter Ost-West-Braut die Schuhe auszog) handelt von Stalin. Der hatte die Frau eines Genossen umbringen lassen und tröstete den mit den Worten: Such Dir doch eine neue - Du kannst alle haben. Gefühle und persönliche Bindungen zählten seiner Meinung nach wohl überhaupt nicht.
Die Auflösung der DDR erlebte Müller mit deutlicher Verachtung, allerdings schrumpfte auch seine Kraft als Dramatiker - er schrieb nichts Neues mehr, gab aber dafür eine Menge beeindruckender Interviews. Es schien, als ob der Geist der Vergangenheit nochmal ganz groß wurde - und dann komplett verstummte.
Heiner Müller heiratete nochmal, bekam eine Tochter, und das nahm ihm jegliche Kraft, schlecht über die Welt zu denken.
Er starb vielbetrauert am 30.12.1995 nach einer kurzen und schweren Krankheit (Kehlkopfkrebs). Es scheint ganz deutlich, als ob seine Aufgabe auf Erden erledigt war.

Der heutige Krebs-Vollmond findet übrigens ziemlich genau auf Heiner Müllers Sonne-Pluto-Opposition statt.

Ruhe in Frieden.

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